Meinung


SALZBURGER FENSTER 04/2012

von Heinrich Breidenbach

Tolle Chancen für Österreichs Jugendliche

Generation Praktikum, keine fixen Jobs, prekäre Arbeitsverhältnisse, Klagen über Lehrlingsausbildung, fast jeder zehnte junge Mensch (neun Prozent) in Österreich ohne Job. Das ist heute und trotzdem schon von gestern.
Die Chancen für junge Menschen werden in naher Zukunft in Österreich und in ganz Mitteleuropa rapide steigen. Was allgemein als riesiges Problem angesehen werden muss, ist vor allem für die Jugend ein Segen. Schon in wenigen Jahren werden junge Arbeitskräfte, Lehrlinge und Facharbeiter händeringend von der Wirtschaft gesucht werden. Lehrstellensuchende werden große Auswahl haben und die Wirtschaft wird sich sehr anstrengen müssen, um die richtigen Arbeitskräfte zu bekommen.
Das klingt jetzt angesichts einer durchschnittlichen Jugendarbeitslosenrate von 22 Prozent in der EU und von Horrorzahlen aus einzelnen Ländern wie Spanien, wo aktuell jeder zweite junge Mensch unter 25 keinen Job hat, ein bisschen komisch. Aber wenn keine große wirtschaftliche Katastrophe passiert, ist es trotzdem so. Alle Prognosen erwarten für Länder wie Österreich und Deutschland in den nächsten Jahren einen dramatischen Arbeitskräfte- und vor allem Facharbeitermangel. In Bayern rechnet man schon für 2015 mit einem Mangel von einer halben Million Fachkräften.
Das sollte der Jugend inmitten der permanenten Krisenstimmung berechtigt Mut machen.


„Bildung“ ist mehr
Die damit verbundenen Chancen kann jede und jeder für sich selbst heben. Die gesellschaftlichen Aufgaben sind klar. Kein Kind darf in Schule und Ausbildung zurück gelassen werden. Ein System der Ausgrenzung und Selektion können wir uns nicht mehr leisten. Die Anzahl der Schulabbrecher und Lehraussteiger muss mit aller Kraft, Geduld und Hilfe reduziert werden. Die Kinder mit Migrationshintergrund oder Sprachschwierigkeiten müssen als unsere (!) künftigen Arbeitnehmer gesehen werden, und -wenn es Probleme gibt- besonders intensiv gefördert werden.
Das Schul- und Ausbildungswesen muss noch durchlässiger und effizienter werden. Der immer noch vorherrschende, enge und dumme Bildungsbegriff, wonach „Bildung“ mit Gymnasien und Universitäten gleichgesetzt wird, muss kräftig entstaubt werden. Für Lehrherrnmentalität und alten bürgerlichen Bildungsdünkel darf es keinen Platz mehr geben, für Verweigerung und Bildungsfeindlichkeit auch nicht.
Lernen und arbeiten müssen flexibel in jeder Lebensphase ineinander greifen können. Das würde den Jungen und Alten helfen. Es ist keine Frage: Die künftige Lern- und Arbeitswelt kann, wenn die Chancen gesehen und die Aufgaben angegangen werden, sehr schön werden.


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Infame FPÖ-Doppelstrategie. Die FPÖ lebt politisch von Problemen mit „Ausländern“. Das treibt ihr den größten Teil ihrer Stimmen zu. Sie übertreibt daher nicht nur die Schwierigkeiten, sie hat auch kein Interesse daran, dass vorhandene Probleme vermindert werden, und die Menschen leidlich gut zusammen leben können. Deshalb wird von ihr auch jede konkrete Maßnahme, die der Integration dient, hemmungslos skandalisiert.
Im Fadenkreuz stehen Deutschkurse, Förderungen am Arbeitsmarkt, Jugend- und Kulturprojekte, der geförderte Wohnungsmarkt oder die gute Idee des Integrations-Staatssekretariats, mit „Integrationsbotschaftern“ positive Vorbilder zu geben. Die FPÖ hetzt und stimmt immer dagegen. In den letzten Wochen haben die rechten Recken vor allem in Wien ihr Trommelfeuer gegen jede konkrete Integrationsmaßnahme verschärft.
Während also Integrationsdefizite und Probleme beklagt werden, wird gleichzeitig alles getan, damit sich dieser Zustand nicht verbessert. „Wählertäuschung“ ist angesichts dieser infamen Doppelstrategie nur mehr ein Hilfsausdruck.

h.breidenbach@salzburger-fenster.at