Salzburger Fenster, Meinung 20/2013


Das Team Stronach ist der Pferdefuss

Wie man es auch dreht und wendet, die Regierungsbildung in Salzburg ist ein Eiertanz. Eine wirklich gute Lösung gibt es nicht. So sieht es aus:
- Ein Wahlverlierer und Mitverantwortlicher an den abgewählten Verhältnissen im Land wird Landeshauptmann. Das geht formal in Ordnung. Ein Neustart schaut aber anders aus.
- Es kann de facto nur eine schwierige Dreierkoalition geben. Die einzige rechnerisch mögliche Zweierkoalition wäre eine aus ÖVP und SPÖ. Diese wurde eindeutig abgewählt und wäre politisch nicht vermittelbar.
- Die Fortsetzung der alten „großen“ Koalition aus ÖVP und SPÖ mit grüner Behübschung würde sehr nach Feigenblatt aussehen. Die Grünen als einziger wirklicher Wahlsieger würden dabei Gefahr laufen, von den Routiniers der Macht in der täglichen Regierungspraxis an die Wand gespielt zu werden. Eine „Erneuerung“ wäre nicht zu erwarten. Es gäbe auch keine ernst zu nehmende Opposition im Landtag und keine wirkliche Wechselmöglichkeit bei nächsten Wahlen. Die einzigen Vorteile dieser Konstellation wären Berechenbarkeit, Stabilität und eine Verfassungsmehrheit im Landtag.
- Die wahrscheinliche Koalition aus ÖVP, Grünen und Team Stronach würde den veränderten Kräfteverhältnissen eher Rechnung tragen. Die inhaltlichen Unterschiede sind aber riesig, die Kompromissbereitschaft aller Seiten muss es auch sein. Der größte Pferdefuß dabei ist das Team Stronach. Diese zusammengewürfelte politische Glücksrittertruppe mit ihrem skurril-reaktionären Milliardärs-Guru vorneweg ist ein permanentes Risiko, selbst wenn eine inhaltliche Einigung auf dem Papier gelingen sollte. Ein Vorteil von schwarz-grün-gelb wäre hingegen die starke Opposition im Landtag. Die Sozialdemokraten haben das Potential, bei nächsten Wahlen wieder einen Wechsel herbeizuführen. Diese Regierung wäre abwählbar.

Ein weiter Weg
- Letztlich kommt es auf die gemeinsamen inhaltlichen Absichtserklärungen und dann auf deren Umsetzung an. Knack- und Reibepunkte gibt es hier genug. Verkehr, Energie, Umwelt, Kraftwerke, neue Lifte, Soziales, Kultur, usw. Wo waren sich in der Vergangenheit ÖVP und Grüne einig oder wenigstens nahe? Ein bisschen bei der kleineren Verkehrslösung für Saalfelden, ein bisschen gegen das geplante Kraftwerk an der Mur im Lungau. Viel Mehr war da nicht. Deshalb machen die Nachrichten von eitel Wonne und zügigen Fortschritten bei den Verhandlungen auch stutzig.

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Welche Lebensqualität bringt der Besitz von Wohnungen in Singapur, gekauft über Briefkastenfirmen auf windigen Offshore-Finanzplätzen? Warum macht ein ansonsten vernünftig und sympathisch wirkender Mann das? Der Immobilien-Deal des Vorstandsvorsitzenden von Raiffeisen International, Herbert Stepic, sollte Fragen auslösen.
Ist es nicht so, dass so genannte „Kapitalanlagen“ oft nur mehr eine stressige Sache sind, ständig begleitet von der Angst etwas zu verlieren oder abgeben zu müssen? Hauptsache noch und noch und noch irgendwo etwas haben. Ab einem bestimmten Reichtumsniveau bringt mehr Geld nicht mehr Lebensqualität, sondern mehr Kopfweh. Es wird keine Lösung der drängenden Probleme dieser Welt geben, wenn daraus nicht endlich die richtigen politischen und kulturellen Schlüsse gezogen werden.
h.breidenbach@salzburger-fenster.at  

Zitat: „Diese Glücksrittertruppe mit ihrem skurril-reaktionären Milliardärs-Guru vorneweg ist ein permanentes Risiko.“