Salzburger Fenster, Meinung 17-2013


Bitte künftig abwählbare Regierungen!

Minus 23  Prozent! So viel hat die Regierungskoalition aus SPÖ und ÖVP gemeinsam verloren. Wenn das keine Abwahl war, was dann?
Weil er bei diesem gemeinsamen Debakel eh nur 7 Prozent verloren hat, wird der bisherige Vize in dieser Regierung nun wahrscheinlich Landeshauptmann. Das ist formal korrekt und legitim. Und trotzdem verrückt. Den Bürgern anderer Länder könnte man so etwas nur schwer erklären.
Wenn also etwas längerfristig Positives von diesen Neuwahlen übrig bleiben soll, dann doch wohl die Erkenntnis, dass Regierungen abwählbar sein müssen, und nachher trotzdem eine andere stabile Regierung gebildet werden kann. Genau das ist bei den fortgesetzten „großen“ Koalitionen aus SPÖ und ÖVP nicht der Fall. Selbst wenn diese gemeinsam eine solche Watschen bekommen, wie letzten Sonntag, wird immer mindestens eine der zwei Parteien wieder ganz vorne bei der Regierungsbildung dabei sein und den Landeshauptmann stellen. Das ist kein Wechsel.  
Die Wählerinnen und Wähler müssen in Österreich endlich realistisch die Möglichkeit bekommen, eine Regierung abzuwählen. Und zwar, ohne dass sie sich zugleich Sorgen um die Stabilität und Regierbarkeit des Landes machen müssen. Wünsche nach Veränderung und Protest sind nämlich ebenso legitim wie nach Stabilität und Regierbarkeit. Nur in der österreichischen Realität sind diese legitimen Wünsche bisher beinahe unversöhnliche Gegensätze.
Konkret kann das für Salzburg jetzt nur das Abgehen von der langfristig so unheilvollen „großen“ Koalition heißen. Richtig ist schon, dass das Wahlergebnis einmal mehr eine „große“ Koalition als einfachste rechnerische Lösung nahelegt. ÖVP und SPÖ haben als einzige „Zweierkoalition“ eine Mehrheit im Landtag.
Politisch aber wäre es eine Verhöhnung der Wählerinnen und Wähler, wenn eine Regierungskoalition nach einem gemeinsamen Minus von 23 Prozent wieder frisch und fröhliche eine Regierung bildet. Unmöglich!
Nur optisch besser wäre eine ÖVP-SPÖ Koalition mit grüner Beteiligung, ohne dass die Grünen wirklich für eine Mandatsmehrheit im Landtag gebraucht werden. Dies wäre die sinnlose Behübschung einer abgehalfterten Regierungsform.

Kein ÖVP-Sieg
Befremdlich waren nach den Wahlen viele Reaktionen aus der ÖVP. Nach einem Verlust von sieben Prozent und einem Abrutschen unter dreißig Prozent kann nicht einmal von einem Erfolg die Rede sein, schon gar nicht von einem „Sieg“ oder einem „Umdrehen“ des Landes. Ein politisches Kalkül zur rechten Zeit ist aufgegangen. Mehr war das nicht.
Das ändert nichts daran, dass die ÖVP als stärkste Partei die Legitimation hat, die Regierungsbildung anzugehen. Wilfried Haslauer hat, bringt er eine Regierung zu Stande, Anspruch auf den Landeshauptmann-Sessel.
Wäre er aber wirklich gut und hätte er großes Format, dann würde er in dieser Situation ein Zeichen setzen, und einem unbelasteten bisherigen Nicht-Regierungsmitglied aus seiner Partei den Vortritt lassen. Dann wäre der „Neuanfang“, mit dessen angeblicher Notwendigkeit diese vorzeitigen Neuwahlen begründet wurden, wenigstens ein klein wenig eingelöst.
h.breidenbach@salzburger-fenster.at   

Zitat: „Die Wähler müssen realistisch die Möglichkeit bekommen, eine Regierung abzuwählen.“