Meinung


SALZBURGER FENSTER 12/2012


von Heinrich Breidenbach

Die Steueroasen endlich trocken legen!

Wozu braucht ein Österreicher, Deutscher, Grieche, Pole oder Brite ein Konto in Liechtenstein, der Schweiz oder auf den British Virgin Islands? Wozu eine Briefkastenfirma auf den Cayman Islands? Warum eine anonyme Firmengründung im US-Bundesstaat Delaware?
Für mich gilt in solchen Fällen keine Unschuldsvermutung, sondern ein Generalverdacht. Wer so etwas braucht, hat seine schlechten Gründe. Aber die Konstruktionen zur Verschleierung von dubiosen Geldflüssen aller Art sind legal. Sie reichen von Steueroasen bis zur Möglichkeit im Gesellschaftsrecht, Firmen und Stiftungen anonym zu gründen. Diese trickreichen internationalen Strukturen wurden mit System geschaffen. Jeder kennt sie. Und es steckt ebenso System dahinter, dass es angeblich nicht gelingen will, diese Sümpfe trocken zu legen.
Es ist ein furchtbares Unrecht, was unter aller Augen hier tagtäglich vor sich geht. Beispiel Griechenland: Den Menschen dort wird von der EU-Kommission, der europäischen Zentralbank und dem Internationalen Währungsfond ein extremes und bis dato wirkungsloses „Sanierungspaket“ aufgezwungen. Die Zahl der Selbstmorde aus sozialen Gründen steigt. Angehörige der Mittelschicht rutschen massenhaft in die Armut ab. Kinder müssen bereits karitative Essens-Ausspeisungen bekommen. Das alles ist angeblich notwendig. Gleichzeitig haben reiche Griechen allein in die Schweiz 200 bis 300 Milliarden Euro verschoben.
Griechenland ist sicher ein Extrembeispiel, und auch durch eigene Schuld in sein Schlamassel geschlittert. Aber die Nutzung von Steueroasen und die systematische Steuerhinterziehung sind Alltag in Europa. Die EU-Staaten verlieren jährlich rund 250 Milliarden Euro durch Steuerhinterziehung.
Aber dagegen zeigen sich die obigen mächtigen Herrschaften plötzlich machtlos. Armut verordnen, das geht. Steueroasen trocken legen, oder ein transparentes Gesellschaftsrecht schaffen, das geht nicht. Immer wenn es gegen die internationalen Strukturen für dubiose Finanzkonstruktionen gehen soll, zeigen sich die angeblich Mächtigen dieser Welt plötzlich ganz arm und hilflos. Sie wollen nicht. Oder schlimmer: Sie dürfen nicht wollen.

Österreich ist ein Sünder
Und Österreich? Gelegentlich blitzt das Thema auf. Etwa wenn wieder einmal durch die Medien geht, durch welche internationalen Finanzgeflechte der ehemalige Finanzminister Karl Heinz Grasser sein Geld fließen lässt. Die Finanz vermutet darob allein bei diesem Herrn 2,6 Millionen Euro an nicht bezahlten Steuern. Oder wenn die Bundesregierung mit der Schweiz ein Abkommen zur Besteuerung von dort geparktem (Schwarz)Geld aus Österreich anstrebt.
Aber Österreich ist selbst ein Sünder. Unser überholtes Bankgeheimnis schützt in- und ausländische Steuerhinterzieher. Österreich blockiert in schlechtester Gesellschaft mit Luxemburg die längst überfällige EU-Zinsbesteuerungsrichtlinie. Diese würde den Mitgliedsstaaten flächendeckend eine Besteuerung von Zinsen auf Bankvermögen sichern.
Viele Politiker sind mit diesem Zustand unzufrieden. Sie sagen es auch. So hat sich unlängst etwa der Salzburger Nationalratsabgeordnete Johann Maier (SPÖ) engagiert gegen die Blockade Österreichs in Sachen EU-Zinsbesteuerungsrichtline und für ein transparentes EU-Gesellschaftsrecht ausgesprochen. Das ist gut so. Es reicht aber nicht. Abgeordnete von Regierungsparteien müssen nicht Journalisten in Pressekonferenzen überzeugen, sondern ihre Parteifreunde und den Koalitionspartner in Wien. Darauf käme es an.

h.breidenbach@salzburger-fenster.at