Salzburger Fenster, Meinung 01-2013


Ein Bundesheer wegen dem Zivildienst?

In welchem Land gäbe es das sonst noch?  Für die kommende Volksbefragung über die Wehrpflicht werden in Österreich als vermeintlich „zugkräftige“ Argumente von der Politik vor allem der Zivil- oder Sozialdienst und der Katastrophenschutz strapaziert.
In jedem anderen Land ginge es bei einer militärischen Fragestellung natürlich vornehmlich um militärische Fragen. Aber Österreich ist wirklich anders und politisch manchmal so absurd, dass es schon wieder liebenswürdig wird.
Ein Zufall ist die Konzentration auf nichtmilitärische Argumente allerdings nicht. Die Österreicher haben im Bundesheer nie eine Einrichtung gesehen, die militärisch im Ernstfall etwas ausrichten kann. Man hat sich halt ein Heer gehalten, um so zu tun als ob. Mit dieser Schwindelei ist Österreich tatsächlich preisgünstig durch den kalten Krieg gekommen.
Populär war auch lange Zeit der Gedanke, dass ein Militärdienst jungen Männern „nicht schadet“, weil sie dort „Ordnung und Disziplin“ lernen. Heute findet eher die Idee Zustimmung, dass es für den Zusammenhalt der ganzen Gesellschaft nicht schlecht ist, wenn junge Menschen eine Zeitspanne ihres Lebens der Allgemeinheit zur Verfügung stellen. Aber auch dabei wird eher an soziale Dienste, als an den Militärdienst gedacht.
Als militärischen Nutzen des Bundesheeres lassen die Österreicher noch dessen friedenserhaltende Auslandseinsätze, zum Beispiel am Golan, im Auftrag der Vereinten Nationen gelten.

Die dritte Frage fehlt
Wegen eines Zivildienstes, eines Sozialjahres oder für den Katastrophenschutz braucht niemand eine Armee. Für terroristische Bedrohungen gibt es die Polizei. Und die Phantasie könnte bei der Vorstellung sprießen, was mit den gut zwei Milliarden Euro, so viel kostet unser Bundeheer jährlich,  friedensschaffend für die Welt möglich wäre. Damit könnte sich Österreich eine Sonderstellung erarbeiten, die wirklich ein guter Schutz wäre. Zudem lassen sich rund um Österreich auf absehbare Zeit beim besten Willen keine klassischen militärischen Bedrohungen mehr ausmachen.
Das wäre schon Stoff genug für eine dritte Frage. Brauchen wir überhaupt noch ein Heer? Diese dritte Frage würde bestimmt keine mehrheitliche Zustimmung finden. Trotzdem wäre diese wahrscheinlich so hoch, dass sie die Regierungsparteien gar nicht zu stellen wagen.

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Der Salzburger Finanzskandal ist richtig unheimlich geworden. Hunderte Millionen Euro sind wochenlang unauffindbar,  und über den wahren Schuldenstand des Landes wird ebenfalls wochenlang gerätselt. Unglaublich! Es ist nur logisch, dass auch der beamtete Leiter der Finanzabteilung des Landes in der Kritik steht. Zwischenzeitlich wird der Finanzhofrat von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ja auch als Beschuldigter geführt.
Aber in diesem Fall gab und gibt es auch eine perfide demagogische Stimmungsmache, die absolut abzulehnen ist. Der Beamte wurde in seiner beruflichen Tätigkeit medial und politisch auch deshalb attackiert, weil er privat als Präsident der Offiziersgesellschaft aktiv war, und als solcher engagiert für die Wehrpflicht warb.
Diese Verbindung ist unzulässig. Ob ein Beamter privat als Taubenzüchter agiert, als Umweltschützer, als Pazifist oder als Offiziersgesellschafter ist von seinen beruflichen Leistungen oder Fehlleistungen zu trennen. Jeder Mensch muss die Freiheit haben, sich in seiner Freizeit gesellschaftlich zu betätigen, - auch für umstrittene Themen -, ohne dass dieses Engagement mit tatsächlichen oder vermuteten beruflichen Fehlleistungen verquickt wird.
h.breidenbach@salzburger-fenster.at