Meinung


SALZBURGER FENSTER 27/2012


von Heinrich Breidenbach

Die Altstadt ist gut erreichbar!

„Wichtige Information“. So schrieb die Inhaberin des Modehauses „Diva by Makole“ in der Sigmund Haffner-Gasse am 19. Juli per E-Mail an ihre Kundinnen: „Leider ist die Situation nicht richtig kommuniziert worden: Es ist keine Altstadtsperre, sondern eine Verkehrsberuhigung zur Mittagszeit! Außer, dass man von der Staatsbrücke in Richtung Mülln und zur Neutorstraße nicht mehr durchfahren kann, hat sich nichts geändert. Man kann die Garagen rund um die Stadt ohne Probleme anfahren (Altstadt Garage A und B, Barmherzige Brüder, Imbergstrasse, Raiffeisengarage, Linzergasse, Mirabellgarage, …). Wir haben wunderschöne Mode für sie eingekauft. Lassen sie sich die Freude am Shoppen in unserer schönen Altstadt nicht nehmen!“
Die Geschäftsfrau trifft den Punkt und macht das, was eigentlich ihre Interessens-Vertreter hätten tun müssen. Sachlich informieren! Es gab und gibt keine „Altstadtsperre“. Die Salzburger Altstadt ist offen und zugänglich. Die falsche Darstellung der Situation mit dem Begriff „Sperre“ hat die Menschen verunsichert.
Es sind die angeblichen „Freunde“ der Innenstadt, die dieser massiv geschadet haben. Ihr aufgeregtes Geschrei hat die fatale Botschaft von einer „gesperrten Altstadt“ unter die Leute gebracht. Es ist wirklich frech, wenn nun genau jene, die ohne Rücksicht auf Verluste lautstark wochenlang von einer „Sperre“ trommelten, sich nun empört darüber zeigen, dass ihnen das teilweise auch geglaubt wurde.
Die Wirtschaftskammer und die anderen vorgeblichen Altstadt-Freunde hätten eine ganz andere Aufgabe gehabt. Sie sollten den Menschen sagen, wie gut die Altstadt erreichbar ist, mit dem Bus, mit dem Rad, zu Fuß, mit dem Taxi und mit dem Auto. Sie sollten die notwendigen verkehrsberuhigenden Maßnahmen positiv im Sinne eines schöneren Altstadt- und Einkaufserlebnisses propagieren. Sie sollten mithelfen, die Menschen sachlich zu informieren. Stattdessen erklärten sie wochenlang die Altstadt für „gesperrt“.
Wie sich angesichts dieser hysterischen, ausschließlich auf das Auto konzentrierten Kampagne, kaufkräftige Innenstadt-Besucher fühlen müssen, die die Altstadt mit Rad oder Bus besuchen, daran denken die Herrschaften auch nicht. Auch hier richten sie immensen Schaden an.

Totschlag-Begriff
Natürlich gefällt die mittägliche Verkehrsberuhigung nicht allen. Natürlich gibt es immer noch Konsumenten, die gerne mit dem Auto direkt in die Getreidegasse fahren würden. Natürlich eignet sich jede Maßnahme, die auch nur im Geringsten den motorisierten Individualverkehr eindämmt, vortrefflich für politisches und mediales Kleingeld. Natürlich ist die Maßnahme sehr spät gekommen und war sie nicht optimal vorbereitet. Sie war auch, wie die Geschäftsfrau aus der Sigmund Haffner-Gasse trefflich schreibt, „nicht richtig kommuniziert“.
Aber es ist schwer, gegen eine so mächtige, lautstarke Phalanx, die den Totschlag-Begriff von einer „Altstadt-Sperre“ trommelt, irgendwelche Sachinformationen unterzubringen.

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Dumm und schlechter Stil. Die Kampagne der vorgeblichen Innenstadt-Freunde geht ohne Rücksicht auf Verluste weiter. Man muss sich einmal vorstellen, dass Politiker - die Funktionäre von Wirtschaftskammer und ÖVP-Wirtschaftsbund sind Politiker! - Plakate unter die Leute bringen, die eine „Altstadtsperre für Politiker“ fordern. Dümmer geht es nicht mehr. Und glaubt irgendjemand, dass mäßig kreative Todesanzeigen für die Altstadt dieser irgendetwas bringen?

h.breidenbach@salzburger-fenster.at