Meinung


SALZBURGER FENSTER 37/2012


von Heinrich Breidenbach

Wehrpflicht-Befragung: Die Verweigerung als Demokratie-Hygiene

Das Wichtigste zuerst. Wie immer im Jänner 2013 die Volksbefragung über die Wehrpflicht ausgehen wird, kein Mensch muss sich deshalb in Österreich mehr oder weniger fürchten. Mit Wehrpflicht oder Berufsheer hat das nichts zu tun. Unsere Sicherheit verdanken wir vornehmlich der veränderten Welt und dem veränderten Europa.
Der Rest ist schon jetzt ein Schaden für Demokratie und politische Kultur. Das Versprechen der Salzburger Landespolitiker nach einer „sachlichen Information“ ändert daran gar nichts.
Diese Volksbefragung ist eine üble Polit-Farce. Sie bringt alle Bürgerinnen und Bürger, die sich nicht zur Manövrier- und Manipulationsmasse degradieren lassen wollen, in arge Gewissensnöte. Wie immer man stimmen wird, am Ende des Befragungstages wird jede Stimme von üblen Gesellen vereinnahmt werden. Prinzipienlose Parteitaktiker, polternde Polit-Populisten, sinnlose Wichtigtuer, dubiose „Kameraden“ und hysterische Zeitungsmacher lauern schon. Es wird kein Entkommen geben.
Die Verweigerung ist ein schlechter Ausweg, aber in diesem Fall der einzig mit Würde gangbare. Sie ist ein Akt demokratiehygienischer Notwehr. Eine Beteiligung unter fünfzig Prozent wäre eine verdiente Ohrfeige für die Häupls und Prölls unserer kleinen Welt. Leicht hingeschrieben ist das nicht. Ich werde zum ersten Mal in meinem Leben den Gang zu einer Wahlurne schwänzen. Es wird ein Tag mit Entzugserscheinungen werden. Aber diesmal gibt es keine bessere Wahl.
Die kommende Volksbefragung um die Wehrpflicht ist bestenfalls ein politischer Notausgang. Sie ist weder in der Sache, der Wehrpflicht, noch in der Form, der Einbeziehung des Volkes, von Überzeugungen getragen. Es geht um Polit-Taktik, um Überrumpelung, um Medienmacht, um Anbiederung und um Fähnchen im Wind. Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl hat im Jänner 2010 wenige Tage vor den Wiener Wahlen in Anbiederung an die mächtige Kronen-Zeitung seine Partei mit seinem Schwenk gegen die Wehrpflicht und für ein Berufsheer total überrumpelt. Ohne ernsthafte Diskussion und interne Meinungsbildung holperte die Partei hinterher. Zwei Jahre später hat der Niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll seine ÖVP mit der Forderung nach einer fälschlich so genannten Volks-„Abstimmung“ überrumpelt. Vorher war die ÖVP klar dagegen gewesen.


Am Nasenring von Häupl, Pröll und Krone
Mit „direkter Demokratie“ haben die Nasenringe von Häupl, Pröll und Krone überhaupt nichts zu tun. Es gab zu Wehrpflicht oder Berufsheer keine unabhängigen Aktivitäten aus der Bevölkerung und auch keine Initiative für eine Volkbefragung- oder Abstimmung. Die ganze Sache wurde den Menschen von oben aufs Aug gedrückt.
Sogar der Unterschied zwischen einer für die Politik laut Gesetz unverbindlichen „Volksbefragung“, wie sie im Jänner stattfinden wird, und einer „Volksabstimmung“ wird verschleiert. Es wird in Form und Inhalt Missbrauch getrieben.

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Elende Söldnertruppen. Was für eine elende Truppe das BZÖ von Anfang an war, wird dieser Tage so richtig deutlich. Die Mandatare sind den Schwenk gewohnt. Von der FPÖ zum BZÖ, zum Teil wieder zurück, etwa zur FPK. Das orange Schiffchen wird sinken und die nächsten Nationalratswahlen nicht überleben. Da kommen die Angebote des Milliardärs mit seinen medial hochgepuschten Umfragewerten gerade recht. Vielleicht geht es sich doch noch einmal aus ins Parlament? Die Überläufer desavouieren beide, ihre bisherige Heimat BZÖ und ihren Überlebensstrohhalm Stronach. Hoffentlich gehen diese Rechnungen nicht auf.

h.breidenbach@salzburger-fenster.at