Meinung


SALZBURGER FENSTER 01/2012


von Heinrich Breidenbach

Phrasen, die wir 2012 nicht mehr hören wollen

„Das werde ich als Anregung mitnehmen“: Eine unverbindliche Beschwichtigungsphrase, die dazu dient, lästige Bürger loszuwerden, um gleich nach dem Gespräch alles wieder vergessen zu können.
 „Das macht mich besorgt“: Glauben Sie es besser nicht.
„Das macht mich nachdenklich“: Aber nur bis zum Ende des Interviews.
„Darüber lohnt es sich nachzudenken“: Aber die Gedanken sind frei.
„Da bin ich ganz bei Ihnen“: Es wird Ihnen nur nichts nützen.
„Das ist zu diskutieren“: Ist die vorweggenommene Folgenlosigkeit.
Das Land braucht kritische Geister, wie…“: Auf gut österreichisch meint man damit, ein paar Dodeln halten wir im Land schon aus.
„Verkrustete Strukturen aufbrechen“: Eine sinnlose Allerweltphrase, die Alles und Nichts meinen kann.
„Der Landtag möge beschließen, die Landesregierung aufzufordern bei der Bundesregierung vorstellig zu werden, damit…“: Solche Anträge in den Landtagen gibt es wirklich, und zwar zahlreich. Sie taugen nicht einmal für die Würscht und kosten nur Steuergeld.
 „Den Bundesrat aufwerten“: Ein Stehsatz seit 60 Jahren, der nur dazu dient das chronisch bedeutungslose Gremium nicht abschaffen zu müssen.

Wortkeulen und Allerweltsschelten

„Die Politiker…: So beginnen meistens scheinkritische Allerweltsschelten, die nur die Feigheit oder das Unvermögen kaschieren, Ross und Reiter konkret zu benennen.
„Die Politiker nach Leistung bezahlen“: Klingt nur auf den ersten Blick gut. Aber wer beurteilt das?
„Was kann uns Grillparzer (Nestroy, Shakespeare, Schiller…) heute noch sagen?“: Die abgedroschenste Frage, die Kulturjournalisten an Regisseure stellen können. Dass sie sich nur immer wieder trauen!
„Neidgenossenschaft“: Eine billige politische Wortkeule zur Verteidigung von Gier, Privilegien und Ungerechtigkeit.
„Gutmenschen“: Was soll daran schlecht sein?
„Empört Euch!“ Es ist schon genug Empörung verpufft. „Verändert!“ wäre an der Zeit.  
„Wutbürger“: Hat sich verbraucht.

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Geistige Vergreisung. Eine mit Freuden voll berufstätige 58jährige Dame bekam unlängst ungefragt, aber namentlich an sie adressiert, die Zeitschrift des „Pensionistenverbandes Österreich“ zugesandt. Das löste Befremden aus. „Warum ich?“ „Woher haben die meine Daten?“ Das Heft war dann doch interessant. Es fanden sich darin nützliche Empfehlungen. Etwa die einer „PVÖ-Bundessport-Referentin“, wonach im Winter beim Sport „Haube und Handschuhe nicht fehlen dürfen“. Herzlichen Dank!
Den Vogel schoss aber die Rubrik „Herzblatt“ ab. Dort suchen etwa ein „attraktiver schlanker Pensionist (51/180) und ein „agiler, kulturinteressierter, gebildeter Kärntner (54/185)“ Partnerinnen. Ein „Lebenskünstler (59/183), der im Winter nach Gran Canaria flüchtet“, sucht eine „wanderbegeisterte, sportliche Partnerin“. Noch einmal: Knapp 50jährige suchen in der Zeitschrift des Pensionistenverbandes Partnerinnen! Kein Wort findet sich in dem Blatt darüber, dass rüstige Pensionisten irgendetwas Sinnvolles für die Gemeinschaft tun könnten.
Die mentale und soziale Vergreisung der österreichischen Bevölkerung schreitet fort und wird politisch forciert.

h.breidenbach@salzburger-fenster.at