Sslzburger Fenster, Meinung 02-2013


Neuwahlen ohne Neubeginn

Die angekündigten Neuwahlen zum Salzburger Landtag werden von ihren politischen und medialen Proponenten treuherzig mit der Notwendigkeit eines „Neuanfangs“ begründet. Diese Notwendigkeit gibt es wirklich. Aber:
- Die Finanzrisiken steigen. Salzburg sitzt auf einem Pulverfass. Nicht nur die riesigen spekulativen Veranlagungen in Fremdwährungen, von der türkischen Lira bis zum brasilianischen Real, bergen enorme Risiken. Der Ausstieg sollte sofort beginnen und mit Bedacht durchgeführt werden. Fachleute sagen, dass die nächsten Monate entscheidend sein werden. Glaubt irgendjemand, dass ein Wahlkampf dabei hilfreich ist?
- Behinderte Aufklärung. Salzburg hat aktuell viel Aufklärungs- und Aufarbeitungsarbeit zu leisten. Glaubt irgendjemand, dass etwa ein Untersuchungsausschuss des Landtages mitten im Wahlkampf eine gute, sachorientierte Aufklärungsarbeit leisten kann? Das ist schon ohne Wahlkampf schwer genug.
- Keine neuen Köpfe. Finanzreferent David Brenner geht, und ein Nachfolger kommt. Ganz ohne Neuwahlen. Und ansonsten? Die SPÖ wird mit Gabi Burgstaller in die Wahlen gehen, die ÖVP mit Wilfried Haslauer. Die Landeshauptfrau und ihr Stellvertreter haben die jahrelange Spekulation mit Steuergeldern mit zu verantworten. Beide waren grundsätzlich darüber informiert, wenngleich nicht über das wahre Ausmaß und das furchtbare Chaos dabei. Beide haben nie etwas dagegen unternommen. Eine/r von beiden wird zur Belohnung dafür nach Neuwahlen Landeshauptmann oder wieder Landeshauptfrau. Ein Neuanfang?

Klebrig wie Ölschlamm
- Das Schlimmste ist, dass ÖVP und SPÖ gar nicht daran denken, von dem Filz und den Abhängigkeiten, die sie gemeinsam in Jahrzehnten fortgesetzten Machtmissbrauchs und Parteibuchwirtschaft in der Verwaltung und im gesamten staatsnahen Bereich aufgebaut haben, abzugehen. Dieser Filz und diese Abhängigkeiten fördern Skandale wie den Salzburger Finanzskandal, oder machen diese erst möglich. Man muss nur an die roten Parteibuchorgien der letzten Monate in der Stadt Salzburg denken, oder an die Lächerlichkeit wie im Land sogar die Einführung eines „Geschenkrucksackes“ für Neugeborene vom schwarzen Ressort verkrampft in der schwarzen Reichshälfte gehalten wird, um zu erkennen, dass beide Regierungsparteien in diesem zentralen Punkt zu keinem Neuanfang bereit sind.
Die realen politischen Verhältnisse im Land sind so zäh und klebrig wie der Ölschlamm auf einem Meeresvogel.
Für einen Neuanfang fehlen die Bereitschaft der Mächtigen und die Kraft der Ohnmächtigen.

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BürgerInnen wollen direkt mitreden. Die Volksbefragung über die Wehrpflicht war seitens der Regierungsparteien ein denkbar schlechter Einstieg in mehr direkte Demokratie. Trotzdem. Dass selbst bei einer so dubiosen Vorgeschichte, bei einer so eingeschränkten Fragestellung, bei solch windigen Exponenten und bei so schlechter inhaltlicher Vorbereitung immerhin  mehr als die Hälfte der Wahlberechtigten teilnahm, ist ein starker Hinweis. Die Menschen wollen mehr mitreden und sie nutzten die Gelegenheit dazu. Die parlamentarisch-repräsentative Demokratie ist reif für diese Ergänzung.
Es gibt auch einen ganz eindeutigen Verlierer. Das ist jener Politikertypus, der die Wirkung auflagenstarker Zeitungen und ihrer Kampagnen überschätzt, und sein Fähnchen prinzipienlos in den entsprechenden medialen Wind  hängt. Die Knechte und Wasserträger des Boulevards haben ordentlich eins aufs Häupl bekommen. Das ist gut so.
h.breidenbach@salzburger-fenster.at