Meinung


SALZBURGER FENSTER 39/2012


von Heinrich Breidenbach

Ein Rechnungshofs-Bericht und die Folgenlosigkeit

Erinnern Sie sich noch? Der Bundesrechnungshof hat vor kurzem die Pensionsprivilegien der Bediensteten von Sozialversicherungsanstalten scharf kritisiert. Diese würden zusätzlich zu ihrer ASVG-Pension von ihren Dienstgebern millionenschwere Pensionsleistungen bekommen.
Im Jahr 2011 beliefen sich die Ausgaben dafür auf die hübsche Summe von 302,76 Millionen Euro, bezahlt von den Beiträgen der Versicherten, beziehungsweise – wenn das nicht ausreicht – aus Steuergeldern. Der Rechnungshof gibt Empfehlungen für Reformen mit einem Einsparungspotenzial von rund 1,4 Milliarden Euro in der Zeit von 2013 bis 2050.
Das war am 14. Oktober. Tags darauf gab es einige Medienberichte und einige Kommentare, die einmal mehr kritisch auf die zahlreichen Pensionsparadiese im Land hinwiesen. Einige Oppositionspolitiker empörten sich noch via Presseaussendungen. Wahrscheinlich sind auch ein paar Messer in den Säcken von „normalen“ ASVG-Pensionisten aufgegangen. Der weitere Verlauf ist programmiert. Irgendwann wird auch dieser Rechnungshofbericht im Parlament diskutiert werden, bevor er endgültig zu den Akten wandert. Die Chance, dass sich deshalb wirklich etwas ändert, ist vorhanden, aber winzig klein.
Es handelt sich hier nur um ein kleines Beispiel für einen allgemeinen Missstand. Die Politik sitzt auf einem Berg aus Studien, Berichten, Konzepten und Empfehlungen von Bundes- und Landesrechnungshöfen, Kontrollämtern, Kommissionen, Enqueten, Instituten, usw. Allesamt haben sie kurz ein wenig öffentliche Aufmerksamkeit erheischt und sind dann schnell wieder in Vergessenheit geraten. Darunter sind auch so große und „prominente“ Brocken wie die Empfehlungen zu Bundesstaats- oder Verwaltungsreformen. Wer sich ein paar Tage oder längstens Wochen klein macht, duckt und abwartet, sitzt auch unangenehme Berichte locker aus. Die Karawane der Aufmerksamkeit zieht schnell weiter.

Sido gegen Heinzl
Rezepte gegen diesen allgemeinen Missstand sind schwer zu finden. Länder, Gemeinden und Bund könnten eine kompetente „Task-Force“ einrichten, die sich Punkt für Punkt noch einmal die Empfehlungen und Berichte der letzten Jahre vornimmt und hartnäckig in den politischen Prozess einbringt. Aber ohne wirklichen Reform- und Veränderungswillen ist auch das zum Scheitern verurteilt und gäbe es letztlich nur ein Konzept mehr.
Warum ist das so? Politik wird zunehmend als eine wechselnde Kette von Aufregern inszeniert. Hier ein interessanter Satz, dort ein neuer Akteur, hier ein schneller Skandal, dort eine schreckliche Prognose, hier ein schlechter Auftritt, dort eine sensationelle Umfrage. Das Ganze ähnelt bereits Society-Aufregern wie „Sido gegen Heinzl“, die schon morgen von irgendeiner anderen Lächerlichkeit abgelöst werden.
Das Längerfristige und die Zusammenhänge gehen verloren.

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Nehmen´s a Auto. Wenn Sie einmal jemanden beseitigen wollen, nehmen Sie kein Messer und keine Pistole. Nehmen Sie ein Auto. Das kommt günstig. Einen Toten gab es etwa unlängst vor Gericht für drei Monate Gefängnis. Und das war nur deshalb so teuer, weil der Unfalllenker zusätzlich im „Drogenrausch“ war. 720 Euro für Fahrerflucht unter Zurücklassung zweier Opfer sind auch noch in schlechter Erinnerung.
Ich weiß schon, diese Täter tun das in der Regel nicht absichtlich, und daher hinkt der Vergleich. Aber trotzdem wird irgendwann auf unseren derzeitigen verharmlosenden Umgang mit wahnsinnigen Autorasern mit demselben Befremden zurückgeblickt werden, wie es der zivilisierte Teil der Menschheit heute auf den noch vor Jahrzehnten gängigen Umgang von Polizei und Justiz mit prügelnden und vergewaltigenden Ehemännern tut

h.breidenbach@salzburger-fenster.at